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Ich bin froh, dass ich ihn wenigstens eine Zeit lang hatte

Petra ist 35. Vor rund eineinhalb Jahren hatte sie eine Fehlgeburt. Als sie wieder schwanger wird, ist sie überglücklich, dass es mit der Schwangerschaft „trotz ihres fortgeschrittenen Alters doch noch geklappt hat“. Doch bei einer Routineuntersuchung entdeckt ihr Gynäkologe, dass das Baby nicht lebensfähig ist, da sich sein Gehirn seit der letzten Untersuchung nicht weiterentwickelt hat. Der Gynäkologe rät ihr zu einem Schwangerschaftsabbruch. Eine andere Option hätte sie bei dieser Diagnose eigentlich nicht.

Petra H. war vor einigen Jahren mit so einer niederschmetternden Diagnose konfrontiert, wie sie in dem Buch „Aus dem Bauch heraus. Pränataldiagnostik und behindertes Leben.“ (Franz-Joseph Huainigg (Hg.), veröffentlicht 2010 bei Wiener Dom Verlag, ISBN: 978-3-85351-217-3) schildert. Wie die beiden vorangegangenen sei auch ihre dritte Schwangerschaft zunächst unproblematisch verlaufen. Bei der Untersuchung in der 12. Woche war noch alles in Ordnung. Bei der folgenden aber stellte der Arzt fest, dass das Gehirn des Babys nicht weitergewachsen war. „Gehen Sie bitte so bald wie möglich ins Krankenhaus, um die Schwangerschaft abzubrechen. Das ist der übliche Weg. Selbst wenn es die Geburt überleben würde, wäre es schwerstbehindert. Ich rate Ihnen: Tun Sie das nicht.“

WENN DAS BABY EINE SCHWERE FEHLBILDUNG HAT

Geschockt und unendlich traurig geht Petra nach Hause. Schon am nächsten Tag hat sie einen Termin im Krankenhaus. Ihr Mann begleitet sie. Bei der Untersuchung wird die Diagnose vom Vortag bestätigt. Petras Baby leidet an einer Anenzephalie – einer so schweren Fehlbildung, dass ein Abbruch der Schwangerschaft bis zur letzten Schwangerschaftswoche möglich ist. Petra und ihr Mann beschließen, den Termin des Abbruchs möglichst zeitnah zu wählen. Schon am nächsten Tag soll das Kapitel abgeschlossen werden. Wenn es schon sein muss, dann „lieber gleich – es würde ja ohnehin nichts mehr ändern“.

KEINER INFORMIERTE ÜBER DIE ALTERNATIVE

Rückblickend wundert sich Petra, dass weder Ärzte noch Psychologen sie über eine weitere Möglichkeit informierten – nämlich jener, das Kind auszutragen. „Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich selbst auch nicht daran gedacht habe; ich war zum Nachdenken gar nicht fähig“, sagt Petra. Ein Internetforum bringt Petra aber doch auf diesen Gedanken: „Ich schrieb schon seit einiger Zeit in einem Elternforum und hatte dort auch von meiner dritten Schwangerschaft berichtet“, schildert sie. „Während mein Mann nun zu seinen Eltern fuhr, sie über den Stand der Dinge informierte und unsere beiden älteren Kinder abholte, setzte ich mich an den Computer und schrieb mir alles vom Herzen.“

Innerhalb kurzer Zeit erhält Petra unzählige Antworten und E-Mails. „Eine Frau meinte, es gebe doch auch die Möglichkeit, das Baby auszutragen. Ob ich das schon bedacht hätte?“ Die Frau schickt auch einen Link zur Homepage www.anencephalie-info.org, und Petra verbringt die nächsten Stunden damit, Erfahrungsberichte zu lesen.

„Als mein Mann und die Kinder nach Hause kamen, hatte ich mich entschieden, mein Kind auszutragen“, sagt sie heute. „Wir sagten den Abtreibungstermin ab und verbrachten die nächste Zeit damit, uns genauer zu informieren und eine Hebamme für die Hausgeburt zu suchen.“

Die meisten Menschen in ihrem persönlichen Umfeld reagieren sehr positiv auf Petras Entscheidung.

EMIL WURDE STILL GEBOREN

Im Jänner dann sollte das Baby auf die Welt kommen. „Leider“, sagt Petra heute, „hat sich unser Baby aber anders entschieden und uns schon früher, nämlich in der 26. Schwangerschaftswoche verlassen.“ Bei einem Ultraschall kann die Hebamme keinerlei Herztätigkeit mehr ausmachen. Petra und ihr Mann fahren ins Krankenhaus, wo Emil wenig später still geboren wird.

Nur zwei Wochen später fand Emils Beerdigung statt. Die ganze Familie, Verwandte und Freunde waren anwesend und trauerten mit Petra, ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Dass sie sich in dieser Form für Emil und gegen die Abtreibung entschieden hatte und sich so auch im Rahmen eines Begräbnisses von ihm verabschieden konnte, war für Petra offensichtlich der richtige Weg. „Die Zeit und die Erfahrung mit Emil haben mein Leben sehr verändert“, sagt sie: „Ich bin dankbar, dass ich ihn hatte.“